Thomas Brandstetter

Nach dem Studium der Philosophie an der Universität Wien wandte ich mich der kultur- und medienwissenschaftlichen Wissenschaftsgeschichte zu. Ich promovierte an der Bauhaus Universität Weimar mit einer Arbeit über die Maschine von Marly, eine gigantische Wasserpumpe, die vom 17. bis zum frühen 19. Jahrhundert in Betrieb war. Anhand der wechselhaften Rezeption dieses Apparats konnte ich die Veränderungen im Begriff der Maschine sowie die Entstehung ökonomischer Evaluationskriterien in Bezug auf technische Geräte nachzeichnen und so einen Beitrag zu einer historischen Epistemologie des Technischen leisten.

Mein derzeitiges Forschungsprojekt richtet sich auf eine Geschichte der wissenschaftlichen Einbildungskraft. Die Rolle der Imagination für die Praxis der Wissensproduktion ist bislang nur sporadisch behandelt worden. Es lässt sich aber zeigen, dass Bilder, Analogien und Fiktionen stets eine Rolle gespielt haben, vor allem in den Lebenswissenschaften, die sich auf nur wenige allgemeine Gesetze verlassen kann und deshalb umso mehr Modelle entwickelt hat. Die Einbildungskraft hat jedoch nicht nur instrumentellen Charakter: Ihre Logik entzieht sich immer wieder den Intentionen der Akteure und gebiert widersprüchliche Bilder, idiosynkratische Vergleiche und die Wiederkehr scheinbar längst widerlegter Theorien und Argumente. Der Spielraum zwischen diesen beiden Polen – zwischen dem kontrollierten Gedankenexperiment und den überbordenden Phantasmen – , dort, wo das wissenschaftliche Denken und Handeln mit dem Undenkbaren und dem Ungreifbaren konfrontiert wird, ist der Ort für die Entstehung des Neuen. Der Logik dieser Einbildungskraft sowie ihren medialen Bedingungen gilt es deshalb in den spezifischen historischen und kulturellen Kontexten nachzugehen.