Modul C

Form und Bild in der Moderne

Die Bildtheorie hat sich jüngst dem Begriff der Form zugewandt, wovon neben einschlägigen Publikationen von Gottfried Boehm, Whitney Davis, David Summers und Lambert Wiesing auch die Schwerpunkte des Exzellenzcluster »Bild, Wissen, Gestaltung« der Humboldt-Universität zu Berlin und des Nationalen Forschungsschwerpunkts eikones in seiner dritten Förderphase 2013–2017 zeugen. Diese Konjunktur steht im Zusammenhang – und oft auch in Distanz zu – einer soziologisch, philosophisch, kunsttheoretisch und literaturwissenschaftlich geprägten Diskussion über den Formbegriff (in) der Moderne. Das Modul verfolgt das Ziel, zu diesem Forschungsgebiet durch eine Vertiefung des historischen, theoretischen und methodischen Verständnisses seiner Voraussetzungen in Kunstgeschichte, künstlerischen Form- und Gestaltungslehren und der nach-kantischen Philosophie, Kunsttheorie und Ästhetik beizutragen.

Der Zusammenhang von Formtheorie, Formbildung, Bild und Kunst in der Moderne umspannen einen Gegenstandsbereich, der eine doppelte Ausrichtung auf eine Untersuchung der theoretischen Implikationen von Formbegriffen und -semantiken der Moderne einerseits und eine historische Analyse konkreter künstlerischer Positionen andererseits nahelegt. Ist doch die moderne Theorie der Form zum einen auf die methodischen Problematik bezogen, wie sich eine Wissenschaft, die immer auf allgemeine Thesen hinarbeiten muss, auf einzelne konkrete Gegenstände beziehen und diese in ihrer Besonderheit erfassen kann. Zum anderen hat die Betrachtung, Freilegung und Produktion künstlerischer und ästhetischer Formen Auswirkungen auf deren Reflexion. Der Terminus »Form« bedeutet ebenso emphatisch Grundform, auf das Wesentliche reduzierte Form, wie er die konkrete anschauliche Form in ihrer Gewordenheit, sinnlichen Fülle und Einbettung in kulturelle und kommunikative Zusammenhänge von Sinnstiftung meint. Den historischen Konsequenzen dieser Polarität der Form gilt es auf der Ebene der Semantik, der philosophischen und ästhetischen Theoriebildung und der künstlerischen Produktion nachzugehen.

Eine Beschäftigung mit Formsemantiken in der Moderne kann nicht umhin, die analytische, segmentierende Funktion von Formen in den Blick zu nehmen. In der Sprachwissenschaft, der formalen Logik fregescher Prägung, der Gestalttheorie, im Kubismus, der konkreten Poesie, der Zwölftontechnik, dem structural film werden Formen als Elemente gefasst, deren Integration zu einem übergeordneten Ganzen – das selbst wiederum als „Form“ verstanden wird – je unterschiedlichen Schicksalen des Gelingens oder Misslingens überantwortet ist. Damit steht der Formbegriff in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Frage nach dem Bild. Als ein Ganzes von Erscheinungen ist dieses einer internen ikonischen Dynamik von Holismus und Differenzierung (in Einzelformen) sowie einer externen von rekursiver Selbstbezüglichkeit (als Gesamtform) und mannigfachen Außenbezügen unterworfen. Es steht zu erwarten, dass die Klärung der historischen Ausprägungen des Formbegriffs einen direkten Gewinn für die Erforschung des Bildes abwirft.